Bericht der Tonbande Clubtour

Sonntag, 1. Juli 2012

Da standen wir nun am Gate 78 des Düsseldorfer Flughafens und hatten ein mittleres Passproblem.

Nachdem wir, die Mitglieder der Tonbande plus ihre BegleiterInnen, Frau Paulussen, Herr Großnick, Frau Geray und Frau Capitain, erfolgreich eingecheckt hatten, wurden wir am Gate noch gestoppt. Ein Bandmitglied hatte einen nur für die Dauer der Reise ausgestellten Pass. Diese Papiere entsprächen nicht den Bestimmungen für die Einreise nach England; ein paar Telefonate und Schweißausbrüche später hatten die Menschen in den obersten Behörden ein Einsehen und wir stiegen alle zusammen in den Bus, der uns über das Rollfeld zu unserem Lufthansa-Regionalflug brachte.

Kurz nach unserem Einstieg hieß es 'ready for take off' und die Erde blieb für eine Stunde unter uns. Gespräche und tolle Bewirtung ließen ein paar Fünkchen Flugangst schnell verfliegen. Tamara befand sogar, dass sie das Fliegen zu einem Hobby erklären könne.

Am anderen Ende warteten John vom Morpeth Northumbrian Gathering (MNG) und Norman (Busfahrer) mit dem Youth Club Bus, um uns zum Bed and Breakfast (Morpeth Lodge) nach Morpeth, 15 Meilen nördlich von Newcastle, zu bringen.

In einer konzertierten Aktion bezogen wir die Zimmer im 'B and B', während im Gemeindesaal der St. George's Kirche ein kleiner Empfang mit anschließender Bandprobe für uns vorbereitet wurde. Bei Sandwiches und Salat und natürlich obligatorisch 'Tea with milk and sugar' lernten wir die Mitglieder des Local Support Teams (Emma, Meggy, Kim, Ian und John von MNG) kennen und auch Frank, Henry und Trish (die meisten vom Development Trust) mit ihrem Guidedog Jay. Sie alle hatten geholfen, Instrumente auf der Bühne aufzubauen und standen uns zur Seite für die Gänge zum Buffet. Hier konnten wir unser Englisch ein erstes Mal erproben und die Verständigung klappte schon ganz gut, besonders beim anschließenden Pubbesuch.


Montag, 2. Juli 2012

Trotz kleiner Koffer-Öffnungsschwierigkeiten schliefen alle ganz O.K.
Am nächsten Morgen wartete die Musikklasse von Mrs. Harrisson von der KEVI Schule auf uns. Das Team der Roadies war wieder aktiv gewesen und noch bevor wir ankamen, wurden schon Anlage und Instrumente in den Raum für unseren Workshop gebracht. Die am Workshop beteiligten SchülerInnen waren zunächst recht zurückhaltend, was wohl hauptsächlich der Verlegenheit geschuldet war, nicht die gleiche Sprache zu sprechen.
Das gemeinsame Singen löste die Verlegenheit schnell und so schafften wir es, den Song Momba mehrstimmig aufführungsreif zu bekommen.

Mit diesem schulübergreifenden Chor eröffneten wir nach einem schmackhaften, gastfreundlichen Lunch im Sprachdepartment das Konzert. Das Publikum bestand zu einem Teil aus jungen DeutschlernerInnen, die sich als begeisterte Fans des Songs 'Immer ich' entpuppten. So konnten wir im Anschluss an das Konzert sogar einige CDs der Tonbande verkaufen.


Die Tonbande im Drama Studio von KEVI mit Zuschauern im Saal.


Den Abend begingen wir zünftig, englisch mit 'fish and chips' im Aufenthaltsraum des NCBA (Northumberland County Blind Association). Delicious!

John und Kim (Leiterin des Morpeth Northumbrian Gathering) als Multi-InstrumentalistInnen gaben uns eine Probe ihres Könnens auf der Mandoline und lehrten uns das Lied 'Hi, Canny Man'. Das Highlight des Abends war noch das Clogdancing von Meg mit anschließendem Erfühlen der Holzschuhe (Clogs). Hier sprach Melissa für alle, als sie fragte:" Boah, wie macht die das? " (denn es sah ein bisschen aus und klang wie Ginger Rogers und Fred Astaire in ihren Steppfilmen). Danach begaben wir uns in die Lounge des Joiners Arms, wo wir sehr 'cosy' mit Ausblick auf den Wansbeck saßen und weitere angloamerikanische Kulturgüter (Coke und 'clear/cloudy lemonade' im einen Fall und Ale und Cider im anderen Fall) genießen konnten.


Dienstag, 3. Juli 2012

Der nächste Tag begann mit einer Einladung in das Bagpipe Museum, um u. a. die Northumbrian Smallpipes kennen zu lernen. Vorher und nachher machten wir Gebrauch von der Möglichkeit, Mitbringsel in der Chantry (altes Kapellen-Gebäude, in dem heute auch das Dudelsackmuseum untergebracht ist) zu kaufen, wo von Marmeladen, Tassen über Schals und Schmuck einiges auf uns wartete.

Nach einer kleinen Einführung von Kim hatten wir alle die Möglichkeit, mit Kopfhörern herum zu gehen und unterschiedliche 'Sackpfeifen' (Bagpipes) im Wandel der Zeiten und in ihren unterschiedlichen Geografien durch ihren Klang zu erfahren. Die Dudelsäcke selbst sind hinter Glas aufbewahrt. Meg und John halfen vorzulesen und zu übersetzen.

Danach kauften wir für unseren Lunch die berühmten Sandwiches bei Marks and Spencer. Wir lernten von Andreas, dass der Klassiker unter den dreieckigen Butterbroten BLT (mit Speck, Salat und Tomaten) heißt.
Nach 30 Minuten Fahrt (Norman war zwischen Karte, Navi und verschiedensten Anweisungen hin und her gerissen, so dass der Weg länger wurde) kamen wir leicht zu spät in unserer zweiten Gastschule an. Es hätte Hektik aufkommen können, doch wir beschlossen den Workshop später beginnen zu lassen und unsere Brote vorab zu verspeisen.
Das Treffen mit den 8 sehbehinderten Schülerinnen und Schülern der Gosforth High war von größerer Verlegenheit geprägt als am Vortag. Dank der starken Stimmen der Louis-Braille-SchülerInnen und der einfühlsamen Art von Herrn Großnick, der mit der Gitarre den Workshop leitete, gelang gemeinsames Singen. Leider schafften wir aber keine Auftrittsreife.

Es blieben nur 45 Minuten für das eigentliche Konzert von Tonbande. Celina reagierte sehr professionell, da sie auch hier mit einer Cajon-Ersatzkonstruktion spielen musste. Sie war - wie immer - rhythmisch sicher.


Die Band in der mit Schülern vollbesetzten Aula von Gosforth Junior High School


Dies wurde aber ein voller Erfolg, denn 180 Kids lauschten gebannt, denn die Louis-Braille-Youngsters konnten die Songs auf Englisch ansagen. Als MittelschülerInnen haben Kids in Gosforth noch keinen Deutschunterricht. So hörten wir 'Schmetterling' und von Sascha die Ansage: "Auf Englisch butterfly ... about teenagers falling in love." Weitere Songs wie "Hängematte" oder "Heiß" brachten die Stimmung des Sommers auch ohne Worte rüber.

Der Applaus war groß und nach einer viel kürzeren Heimfahrt und einer Pause speisten wir diesmal indisch und nahmen noch an einer Vorführung der Northumbrian Smallpipes durch Sue Morgan teil, einer blinden Piperin.
Alle hatten die Gelegenheit, nachdem auch John die Northumbrian Smallpipes gespielt hatte, dieses seltene Instrument (in Form eines Sofakissens mit Flöten dran) anzufassen und Fragen zu stellen.
Wir bedankten uns mit Süßem und ein paar swingenden Chorsongs. Danach lernen wir noch die Waterford Lodge kennen, ein etwas auf Wild West getrimmter Pub, dessen Getränke uns aber auch mundeten.


Mittwoch, 4. Juli 2012

Mittwoch war unser Tag, da wir hier eine Vorführung in der Sage bekamen: Mike und Elliot erwarteten uns zu einer klangvollen Tour durch das Gebäude. Um die Dimension der drei getrennt voneinander errichteten Konzerteinheiten, die mit einer riesigen lichtdurchlässigen Glas-Stahlkonstruktion überzogen wurden, zu erfassen, gingen wir die geschwungenen Geländer entlang und wurden auf die Spalten zwischen den Bauten aufmerksam gemacht. 76 Stufen zählten wir vom Top zum Bottom, also von der höchsten bis zur tiefsten Ebene.

Wie die Superstars wurden wir auf einer liftbaren Bühne in einen Konzertsaal hereingefahren und unsere Chormitglieder sangen eines ihrer italienischen Renaissancestücke. Innerhalb weniger Minuten Bearbeitung des Stücks durch Mike am Computer konnten wir alle - jetzt im Publikumsbereich - die Aufnahme in unterschiedlichen Klangqualitäten anhören, je nachdem wie die Decke oder die Vorhänge des Saals eingestellt wurden. Ein kleiner Song im Fire Exit und eine Begehung großer und kleiner Konzertsäle mit verschiedenen akustischen Qualitäten rundeten unsere Tour in der Sage ab.

Der Lunch wurde von der Bar besorgt und stärkte uns für eine Motette Ausstellung (gesungen aus ca. 40 Boxen) in der Baltic, einem ehemaligen Mühlen- und Speichergebäude, nur einen Katzensprung von der Sage entfernt. Danach ging es zum Strand: Das tat richtig gut, denn auch wenn es nur heiter bis wolkig war, konnten einige mit nackten Füßen ins Wasser der Nordsee am Strand entlang wandern oder auf Felsen klettern und sich von der Brandung umtosen lassen. Und wie Larissa und Sebastian auf das Meer hinaus riefen: "****ing Hell, ist das cool." (Das stimmte im doppelten Wortsinn.) Im Maritime Center von Newbiggin ließen wir es uns anschließend gut gehen bei einer Teatime, vor dem Trip in die Morpeth Lodge zurück.


Die Mitglieder der Tonbande mit ihren vier Begleitern (Herr Großnick, Frau Randerath, Frau Capitain, Frau Geray) am Strand von Newbiggin


Nach einer Pause dort ging es dann weiter zum Whalton Bale, einem traditionsreichen Sonnenwendfeuer im kleinen pittoresken Dorf Whalton. Unser Support Team spielte zum Tanz der Schulkinder um das Feuer auf.
Danach ging es zum Abschlussbuffet in den 'Tap and Spile'.
Hier mundeten uns Wedges, Wings und Watercress und weitere Köstlichkeiten. Als Überraschung kamen noch Matt, ein Border Pipe Spieler und Voice Male, ein ortsansässiger Männerchor vorbei. So konnten wir uns dann auch bei vielen Gästen, die uns während der Woche in irgendeiner Weise geholfen hatten, mit Bildern, Büchern und vor allem Musikalischem bedanken. Schade, dass es schon der letzte Abend war.


Donnerstag, 5. Juli 2012

Am Donnerstag waren wir die besonderen Gäste des NCBA-Barbecues.
Wir alle bekamen Burger und eine Rede vom Bürgermeister. Band und Chor gaben ihr letztes Konzert im kleinen Turner Herb Garden, ein Duftgarten für blinde und sehbehinderte Menschen beim NCBA. Das Grillen fand Erwähnung in der Lokalpresse.


Der Chor im Garten vom NCBA


Wir resümierten unsere Highlights, z.B. Strand, Pubbesuch aber natürlich auch den Gesang, sowohl auf einer professionellen Bühne, als auch im hintersten Winkel der Sage, im Fire Exit, der sogar eine verdammt gute Akusik hatte. Dann hieß es Abschiednehmen, speziell von den Leuten in unserem Local Support Team, die uns musikalisch und kulturell viel geboten hatten.

Der Rückflug verlief mit leichten Turbulenzen, aber am Abend konnten Eltern und Gruppe 7 alle Youngsters wieder in die Arme schließen.
So ging eine sehr erfolgreiche und mit guten Erinnerungen gespickte Tour zu Ende.

Wir hoffen auf ein Wiedersehen mit Morpeth' Folkmusikern entweder auf deutschem oder englischem Boden, so dass wir selber einmal das Clogdancing oder weitere Folksongs lernen können.


Andrea Capitain


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