vigo: Juli/August 2012
Text: Miriam Mirza
Fotos: Kiristina Malis




Blinde Talente

Düren
Die Schülerband der Dürener Louis-Braille-Schule hat sich über den Kreis hinaus einen Namen gemacht.



Die Schülerband Tonbande in bei der Probe in der Aula.


Hingen die Blindenstöcke nicht vor dem Proberaum, man merkte nicht sofort, dass die Mitglieder der Schülerband "Tonbande" blind sind. Die Stimmung ist gut: Sie reden, lachen und stimmen ihre Instrumente. Sobald der erste Ton einsetzt, sind sie Profis und ihre Erblindung spielt keine Rolle.

Jean-Claude beginnt mit Beatboxing. Dann setzen Melissa, Larissa und Tamara mit dem Gesang ein. Als das Lied endet, meldet sich Bassist Sascha: "Herr Großnick, ich habe genau gehört, dass Sie falsch gespielt haben." Er ist blind, dafür hört er umso besser. Horst Großnick, der Musiklehrer, nickt. Seine Schüler nehmen jeden falschen Ton seiner Gitarre wahr.

Großnick schreibt alle Stücke selbst. Dabei verarbeitet er auch das Thema Blindheit - etwa in dem Lied "Ohne ihn". Es handelt vom steten Begleiter, dem Blindenstock. "Wenn ich ein Lied fertig habe, brauche ich es eigentlich nur einmal vorspielen, und jeder übernimmt automatisch seinen Part", sagt der Musiklehrer. Die Probe geht weiter. Celina ist wie Jean-Claude für die Percussions zuständig und bewegt den Kopf im Takt. "Ich mag es, in der Sicherheit der Gruppe mit Freunden Musik zu machen", sagt sie.


Musiklehrer Horst Großnick


Die Band spielte schon im Bundeskanzleramt

Die "Tonbande" ist 2008 sogar beim Sommerfest im Bundeskanzleramt aufgetreten. "Das Wetter war furchtbar", erinnert sich Sebastian, der Keyboarder. Die Berlinreise hat trotzdem Spaß gemacht. Auch in der Freizeit der Bandkollegen und Freunde spielt Musik eine wichtige Rolle. "Ich höre gerne Rap und Hip-Hop", sagt Jean-Claude und rückt die Brille mit den gelben Gläsern zurecht. Er ist der einzige Brillenträger. "Ich mag Reggae", sagt Tamara. Einige könnten sich vorstellen, Berufsmusiker zu werden.

Melissa geht zukünftig auf eine weiterführende Schule. "Es wäre cool, wenn wir uns auch nach dem Abschluss zum Musikmachen treffen könnten, aber das wird schwierig, weil wir ja alle in anderen Wohnorten leben", sagt Larissa. Bis dahin ist aber noch ein wenig Zeit.

Info:
Louis-Braille-Schule Düren
Meckerstraße 1, 52353 Düren
02421 40782200
www.tonbande.info



Blindenschule
Viel Unterstützung im Lernalltag

Die Louis-Braille-Schule in Düren hat Tradition. Seit 50 Jahren wird sie vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) getragen. Doch schon im Jahr 1845 wurde sie als Schule für blinde Kinder und Jugendliche gegründet. Die einstige Lehranstalt wurde zu einer renommierten Einrichtung mit Frühförderzentrum, Grund- und Hauptschule. Heute lernen hier 193 Schüler. "In den Anfängen hatten wir nur blinde Schüler, aber seit einigen Jahren beginnen hier auch zahlreiche mehr- und schwerstmehrfachbehinderte Kinder ihre schulische Ausbildung. Damit hat sich unser Förderschwerpunkt in Richtung geistige Entwicklung verschoben", sagt Dorothea Päffgen, Konrektorin der Einrichtung. Kinder, die an einer Sehschädigung leiden, besuchten heute oft allgemeine Schulen mit Unterstützung der Lehrer der Louis-Braille-Schule.

Der Unterricht wird von fast 80 Lehrkräften geleitet. Sie haben Sonderpädagogik unterschiedlichster Fachrichtungen studiert. Etwa die Hälfte hat eine Ausbildung im Bereich Blindenpädagogik. Hinzu kommen Schulbegleiter, meist Absolventen des Bundesfreiwilligendienstes oder junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr, die die Kinder im Schulalltag unterstützen. "Inzwischen zeigen mehr Schüler Verhaltensprobleme", so Päffgen. Oft benötigen diese viel Aufmerksamkeit. "Wir arbeiten in kleinen Lerngruppen und können uns Zeit für Bedürfnisse der Einzelnen nehmen." Oft mit Erfolg: Die Schüler fühlen sich dadurch eher angenommen - und erbringen bessere schulische Leistungen.

Info: www.blindenschule-dueren.lvr.de


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