Kölner Stadtanzeiger - Lokalsport Rhein-Erft-Kreis - Dienstag, 28. Februar 2017
BLINDES VERTRAUEN ALS GRUNDLAGE
Josef Riefert will seinen Schützling zur Deutschen Meisterschaft führen
Von HANS JOACHIM MOERS
BERGHEIM. Voller Ungeduld wartet der 14-jährige Felix Michalski in der Bergheimer Sporthalle auf seinen Trainer. In schmucker Sportkleidung hat er den Helm schon festgezogen. Nur die Inliner muss er noch anziehen. Dazu braucht er Hilfe. Felix ist seit Geburt blind.
„Es war für uns ein großes Glück, dass wir durch eine Bekannte Josef Riefert kennengelernt haben“, berichtet Astrid Michalski, die Mutter von Felix, die den Bewegungsdrang ihres Sohnes in die richtigen Bahnen lenken will. Riefert hat als Begleitläufer bereits mehrere sehbehinderte Sportler bei deutschen und internationalen Meisterschaften ins Ziel geführt. Mit der Nürnbergerin Leyla Nemati holte er mehrfach den nationalen Titel im Halbmarathon.
Der Kontakt zu Riefert kam für Felix im vorigen Jahr vor dem Bergheimer Abendlauf zustande. „Die Chemie hat sofort gestimmt“, beschreibt der Niederaußemer, der mit seinem neuen Schützling eine Zehn-Kilometer-Runde durch die Bergheimer Innenstadt absolvierte, das Kennenlernen. Für Felix war es ein unvergessliches Erlebnis.
Die Freude am Inlinerskaten hat der große Bruder geweckt. „Felix hat zu Hause immer wieder die Inliner seines Bruders angezogen und ist damit in der Wohnung herumgestakst“ berichtet seine Mutter. Es sei aber schwierig gewesen, für ihn den richtigen Sportverein zu finden. Mit dem Vater macht er Radtouren auf dem Tandem. In jedem Jahr geht es mit der Familie zum Skilaufen in die Schweiz. Etwas für den Muskelaufbau tut Felix in der Schwimmabteilung des SV Erftstolz Niederaußem. Der schlaksige junge Mann ist 1,64 Meter groß, wiegt aber nur 37 Kilogramm. „Da müssen wir noch etwas dran tun“, sagt Riefert lachend.
Das Training, das die beiden vor einigen Wochen aufgenommen haben, dient erst einmal der Vorbereitung auf die Inline-Speedskater-Hallenveranstaltung des SSC Köln, in deren Rahmen am Sonntag im Joseph-DuMont-Berufskolleg an der Escher Straße in Köln die NRW-Landesmeisterschaften und Wertungsrennen des „NRW YoungStarCup 2017“ sowie Rennen in der Sonderklasse „Special Olympics“ für behinderte Skater ausgetragen werden. Felix Michalski wird dabei mit Riefert als Begleitläufer seinen ersten Wettkampf auf Inlineskatern bestreiten. „Natürlich will ich gewinnen“, gibt sich Felix selbstbewusst. Für Riefert ist es wichtig, dass sein Schützling Spaß an dem Sport hat.
Die große Bergheimer Sporthalle steht dem Duo für eineinhalb Stunden Training alleine zur Verfügung. „Wir sind froh, dass die Stadt uns dies ermöglicht“, erklärt Riefert und schiebt erst einmal eine Box in die Mitte der Halle. „Training mit Musik“ ist das Zauberwort. Der blinde Felix kann sich daran orientieren. Er weiß anhand der Musikquelle, wo er sich im großen Raum befindet und läuft sicher seine Runden. Riefert begleitet ihn mit einigem Abstand. Das Tempo wird immer schneller. „Wir mussten zuerst Vertrauen aufbauen, um so stabil fahren zu können“, erklärt der Trainer. „Aber es wird auch mal die Situation kommen, in der es uns beide richtig hinknallt“, fügt er lachend hinzu. Bei den anstehenden Wettkämpfen soll das möglichst nicht passieren. Dass beide so richtig Spaß am Speedskating haben, zeigt sich, als sie auch schon mal das Überqueren der Ziellinie üben und mit einem Jubelschrei die Arme in die Luft reißen.
Der Speed Skating Club Köln richtet die Hallenveranstaltung am Sonntag zum sechsten Mal aus und hat in diesem Jahr erstmals auch blinde Sportler mit Begleitläufer in das Wettkampfprogramm integriert. Josef Riefert und Felix Michalski sind inzwischen Mitglieder in dem 1998 gegründeten Kölner Sportverein.
Die Vorbereitung auf den ersten Wettkampf soll für das Bergheimer Duo aber auch die Grundlage für die Teilnahme an der großen Radsport- und Skaterveranstaltung am Maifeiertag in Kaarst-Büttgen legen. Unter der Patenschaft von Radsportidol Udo Hempel wollen Riefert und Felix dann im Wettbewerb über „eine halbe Stunde plus eine Runde“ antreten.
m August sollen die deutschen Meisterschaften für Blinde und Sehbehinderte in Oberschleißheim bei München zum Saisonhöhepunkt werden. Felix Michalski wird im November 15 Jahre alt und ist damit in der Kadettenklasse startberechtigt.
Kölner Stadtanzeiger - Lokalsport Rhein-Erft-Kreis - Dienstag, 07. März 2017
JUBELND ÜBER DIE ZIELLINIE
Blinder 14-Jähriger läuft in seinem ersten Rennen auf Platz vier
Von HANS JOACHIM MOERS
BERGHEIM / KÖLN. Die Anspannung war fast körperlich zu spüren. Begleitläufer Josef Riefert musste erst einmal beruhigend auf seinen Schützling einwirken und nach dem Anziehen der Rennkleidung und einer intensiven Besprechung beim Einrollen die Spannung abbauen. Der 14-jährige blinde Bergheimer Felix Michalski nahm bei der Inline-Speedskating-Veranstaltung „6. Inside Colonia“ in Köln erstmals an einem Rennen teil.
„Vor seinem ersten Rennen hat er die ganze Nacht nicht geschlafen“, berichtete Riefert vor dem Start in der Special Olympic-Klasse. Auf den fünf Runden, die mit Begleitläufer zu absolvieren waren, kam das Bergheimer Duo Runde für Runde besser in Schwung. Das Selbstvertrauen wuchs bei Felix Michalski immer mehr. „In der letzten Runde hat er sich nicht mehr ziehen lassen, sondern selbst das Tempo bestimmt“, schilderte Riefert den Lauf. „Er ist mit viel Respekt an die Aufgabe herangegangen, hat die aber sehr gut gemeistert“, kommentierte der Coach.
Aufbauende Gespräche füllten die Wettkampfpause, ehe die nächste Aufgabe anstand. Nach einer Einführungsrunde mit Begleiter waren von den sehbehinderten Sportlern zwei Runden im Alleingang zu absolvieren. Die Begleiter konnten nur noch durch Zurufe Hilfestellung geben.
„In seiner Art zu kämpfen hat er das super gemacht“, urteilte der Trainer. Unter dem großen Beifall der Zuschauer fuhr Felix über die Ziellinie und warf jubelnd die Arme hoch. Gemeinsam ging es dann auf die Ehrenrunde. „Mit dem vierten Platz in der Altersklasse Ü 14 hat Felix alle Erwartungen übertroffen“, freute sich Riefert. Bei der Siegerehrung gab es für den blinden Athleten einen Sonderpokal. „Ich bin als Trainer stolz auf Felix. Er hat in seinem Leben einen weiteren Meilenstein erreicht. Darauf wollen wir aufbauen“, erklärte Riefert. Schon am Montag ging es mit dem Training für das nächste Rennen in Kaarst-Büttgen weiter.
Josef Riefert selbst nahm in Köln an den Rennen der Senioren Ü 50 teil. Im Sprint über zwei Runden lief er auf den fünften Platz. „Skaten in der Halle ist schon eine harte Sportart, und im Alter ist man ein bisschen eingeschränkt“, kommentierte der Bergheimer lachend. Im Rennen über 15 Runden musste Riefert nach rund der Hälfte der Strecke abreißen lassen und schied dann als überrundeter Läufer aus. Bei abschließenden Massenstartrennen über 30 Runden sah sich Riefert chancenlos und musste sich mit dem fünften Platz in der Altersklasse Ü 50 begnügen
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