Schottlandfahrt der Englisch-AG



Am Sonntag, den 9. Mai 2004 ging's los: Sechs Mädchen und vier Jungen des M-Bereichs der Rheinischen Schule für Blinde und ihre BegleiterInnen (2 Klassenlehrerinnen, ein Sportlehrer, eine Krankenschwester und eine Englischlehrerin) hatten sich versammelt. Sie standen bereit zum Abflug in der Abfertigungshalle des Kölner Flughafens und warteten auf ihre Departure beim Direktflug von Köln nach Edinburgh. Dem Ganzen vorausgegangen war ein mehr als einjähriger Intensivsprachkurs Englisch. Dazu gehörten u. a. Rollenspiele zu Themen wie 'Zimmersuche in der Jugendherberge', 'Die eigene Person beschreiben', Geldwechsel und Restaurantbesuch und z. B. der Postkartenkauf. Darüberhinaus gab es einen Austausch von Kassettenbriefen mit SchülerInnen der RNSB. Wir hatten dadurch etwas erfahren von der Peer-Group, die uns dort erwartete und wir hatten uns ihnen ebenfalls mit Hilfe des Mediums Sprach-Kassette vorgestellt.
So hatten wir etwas vom Musikgeschmack der SchülerInnen der RNSB erfahren. Unabhängig davon, dass die meisten Rockmusik liebten, befand sich in unserer Gastgeschenk-Compilation natürlich Kölsches von den Bläck Föös, den Höhnern und Co., aber auch Nena, Yvonne Katterfeld, Tarkan, Rosenstolz u. v. a. mehr.

Bestens ausgestattet hoben wir ab in einen heiter bis wolkigen Himmel, die einen mit Reinhard Mey auf den Lippen ("Über den Wolken..."), die anderen mit Schmetterlingen im Bauch.

Nach eineinhalb Stunden Flug bestand Einigkeit: "Der Flug war cool" - so das Urteil sowohl von hartgesottenen Rabauken ebenso wie von ängstlicheren Gemütern. Danach ertönte fünfzehn Mal "I would like to change some Euros into Pounds" und mit gleichbleibender Freundlichkeit antwortete die Lady hinter dem Schalter "Yes, love, here you are".
Auf schottisch gemusterten Sitzen ging es mit dem Flughafenbus zum Youth Hostel. Dort angekommen machten wir uns über die ersten Lunchpakete her.
Nach diesem kurzen Mittagessen trafen wir uns dann mit Mr./Ms. Thackrey, ihres Zeichens Lehrer an verschiedenen Abteilungen der RNSB und bereit, extra für uns 'travel guide' in Stadt und Schule zu spielen. So lernten wir als erstes mit ihnen die Neustadt von Edinburgh kennen, liessen uns nassregnen und vom Wind trocknen und stellten fest, dass Edinburgh doch sehr hügelig ist. Nach drei Stunden gab's nur noch eins: Zurück zum Jugendherbergshaus und dort hieß es: Dinner - Shower - Bed. Selbst wir 'teacher' waren ausgepowered und freuten uns auf unsere bunks (Doppelstockbetten in der Jugendherberge).

Schülerin bei englischem Frühstück


Am Morgen des Montag stand die Burgbesichtigung auf dem Programm. Unser langer Anstieg durch den Burghof wurde u. a. durch den Anblick der Kronjuwelen belohnt. Dazu kam das Fotoshooting mit lebendigen und figürlichen Schotten mit kilt und pipes (Rock und Dudelsack). Ein anschließendes traditionelles Menü (Haggis) stärkte uns für das brassrubbing in den umgebauten heiligen Hallen der Trinity-Church. Wir konnten nach Herzenslust Messingreliefs von Grössen der schottischen Geschichte aussuchen und mit Wachskreiden auf schwarzes Pergament durchpausen.
Nach der Rückkehr in die Jugendherberge hieß es 'same procedure als last night'.

Beschreibung vom brass-rubbing Schülerinnen beim brass-rubbing Schüler vor dem Toreingang des Schlosses


Der nächste Tag, der Dienstag, bot als erstes den Besuch im Whisky-Heritage-Center mit Kostproben von bernsteinfarbenen soft- und hard-drinks. Der Höhepunkt war eine Rundfahrt durch die virtuellen Highlands. In einem Whisky-Fass wurden die Stationen zur Herstellung des schottischen Nationalgetränks abgefahren.
Nach der Mittagspause mit Lunchpaketen ging es zur Georg-Heriot-School (Stiftungsschule mit Hogwarts-Atmosphäre) und zum Greyfriars Bobby. Dabei handelt es sich um ein Denkmal für den treuen Hund, der 14 Jahre auf dem Grab seines Ex-Besitzers lebte.

Ertasten des Hundedenkmals


Vor der Rückkehr zum Youth Hostel gab es noch einen Abstecher ins Elefantencafe, in dem der Legende nach die ersten Stichworte für die Harry-Potter-Romane von J. K. Rowling auf einer Serviette notiert wurden.
Vor dem Abendessen wurden an diesem Tag sogar noch ein paar Postkarten geschrieben.

Am nächsten Tag, dem Mittwoch, rief der Berg. Die Besteigung des sogenannten Arthurs seat, ein 250 m hoher Stattberg aus Vulkansgestein, stand an. Bis an den Fuss des Berges fuhren wir mit dem Bus. Die erste Anhöhe wurde noch von allen gemeistert, einschließlich der Rollstuhlfahrerin.

erste Rast nach gemeinsamer Wanderung


Doch dann trennten sich unsere Wege. Sechs aus unserer Reisegruppe unrundeten den Hügel und beendeten die Wanderung mit einer tea-time im Museum (Dynamic Earth), während die restlichen, also die Gruppe der Wagemutigen, schwindelne Höhen erklommen, dem Gipfelkreuz entgegegen. Im Angesicht der Gefahr begannen hier Freundschaften fürs Leben: Denn nur mit gegenseitiger Hilfe und entsprechendem Ansporn ist ein solcher Weg durch Geröll und Ginster, über Stock und Stein für blinde Kids zu bewältigen.

der Gipfel ist erreicht


Nach einem solchen Tag mundete das Abendessen umso besser.

Die erste Hälfte des Donnerstag war dem Strandleben in Portobello gewidmet: Für drei unserer SchülerInnen war der Ausflug ans Ufer der Nordsee eine Premiere: Zum ersten Mal sahen sie das Meer! Strandleben in Schottland, das hieß Fish und Chips im Möwengeschrei, Waten im Watt und einfach mal die Lungen durchpusten lassen. Vier von uns jagten derweil Schnäppchen auf der Royal Mile. Ihre Beute: shortbread, plaids, kilts und Teddys.
Nach dem Lunch in der Jugendherberge war schickmachen für den Musikabend in der RNSB angesagt. Wir wurden herzlich von der Konrektorin und von der Sprachenlehrerin empfangen. Zunächst gab es eine interessante Schulbesichtigung mit Erkundung des Drama-Raums, einer Trainingswohnung für Blinde und einem so genannten soft environment, eine weiche, bunte Mattenlandschaft. Bei Tee und Tomatensuppe in der Schulmensa wurden schon einmal die Kehlen geölt. Im supergut ausgestatteten Musikraum legte uns Brian, ein Schüler der RNSB als DJ ausgewählte Stücke aus Rock und Pop und Traditionals auf. Unsere Kids wurden durch den a capella - Gesang von drei SchülerInnen (Peers) so aus der Reserve gelockt, dass sie sich selbst auf die Bühne trauten. So wurden dann Romalieder, türkische Lieder oder Bekanntes aus deutschem Funk und Fernsehen live, playback oder unplugged vorgetragen.
Es wurde ein rundum gelungener, interkultureller Abend. Wir kommen gerne wieder!

Schauplatz für das chill-out am Freitag war der Kieselstrand in der Nähe der Brücke über den Firth of Forth. Muschelsammeln und Steinweitwurf bildeten die Höhepunkte.
Zurück in der Jugendherberge gab es zum Abschied noch eine Musikdarbietung, u. a. mit Colin, dem Mitarbeiter an der Rezeption des Youth Hostel, der sich als Multi- Instrumentalist (Gitarre, Geige, Akkordeon) entpuppte.
Damit neigte sich diese tolle Woche ihrem Ende zu. Der Rest des Tages verging mit Packen und dem Einkauf von Mitbringseln.

Nach dem problemlosen Rückflug am Samstag, den 15. Mai, konnten die glücklichen Eltern ihre Söhne und Töchter am Flughafen wieder in die Arme schließen.

Andrea Capitain/Englisch-AG


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