Wir singen in den Sprachen Europas


Schon einige Male habe ich eine Projektwoche mit Liedern der Klingenden Brücke an der Blindenschule in Düren durchgeführt. In diesem Jahr war das Projektthema: Ich trau mich was!
Fremde Sprachen in den Mund zu nehmen, bedarf ja auch eines gewissen Mutes, dachte ich mir und reichte mein Angebot ein. Tatsächlich hatten sich genügend Schüler gemeldet. Und eine ganze Woche von 9.00 - 13.00 Uhr stand uns bevor.
Die Schüler waren ungeheuer aufmerksam und mit großer Freude bei der Sache. Ein Mädchen schwärmte für einen schwedischen Schlagersänger, riss die anderen Schüler mit. So sangen wir alle - die betreffende Schülerin sogar auswendig- mit Begeisterung "Vårvindar friska" in beiden Strophen und "Vem kan segla förutan vind" ebenfalls. Selbst später im Englischunterricht wurden noch Satzteile in Schwedisch übersetzt, wenn immer es passte, aus dem aus der Projektwoche erlernten Texten. Auch tönte es mir später bei passender Gelegenheit auf dem Schulhof entgegen: "Jag hörde kärlekens röst". Die tragische Freundschaft zu einem Mitschüler aus Kroatien ließ "Tamona rivi" interessant werden. Leider zerbrach diese Freundschaft im Laufe dieser Woche, so dass wir das Lied dann später nicht auf Kassette aufnahmen. Aber mit dem Ausspruch "Men ej skiljas från vännen min förutan att fälla tåra" sprach man aus, was man fühlte und mit " Bort allt vad oro gör, bort allt vad hjärtat kväljer" sprachen wir uns gegenseitig immer wieder Mut zu und freuten uns, dass nur unsere Projektwochengemeinschaft das verstand. Die englischen Lieder waren für alle interessant, weil alle ja Englisch lernen. Und eine Mutter ist Engländerin. "Wait for the wagon" dreistimmig im Refrain und im einstimmigen Teil begleitet mit rhythmischen Schnalzgeräuschen im Sinne des Pferdegaloppierens und mit heftigem Wiehern in den Pausen oder bei langen Tönen, ebenfalls dreistimmig das polnische "Kukuleczka kuka" und ebenso mit großer Begeisterung das griechische "Xekina mja psaropula"! Es war einfach hinreißend! Über das polnische Lied freute sich besonders ein Mädchen, dessen Mutter Polnisch als Muttersprache hat.
Niederländisch - "Schoon lieveken, waar waarde gij den ersten meiennacht" fand ebenfalls begeisterte Aufnahme, erstens machte es den Mädchen wegen des selbstbewussten Inhaltes Spaß und zweitens ist ein Vater Niederländer. Das spanische "Mañana, mañanita" passte so sehr in die Stimmung der Schüler, dass es ebenfalls bald auswendig gekonnt war. Das russische "Ja poseju-li mlada mladen´ka" war da schon schwieriger, aber wir sangen es immerhin zweistimmig in der ersten Strophe, ganz stolz waren sie, dass sie das französische "De bon matin me suis levé" singen konnten. Das spanische "Un poquito cantas" wurde mit Klatschen, Schellentambourin und Kastagnetten begleitet. Im Grüppchen standen sie auf dem Schulhof zusammen und übten sogar in den Pausen die Lieder weiter und halfen sich gegenseitig mit dem Text. "L´inverno se n´è andato" kannte ein Schüler, dessen Vater Italiener ist, der nicht an unserem Projekt teilgenommen hatte und stimmte fröhlich mit ein, als er es von den andern Schülern hörten.
Ich hatte für alle Schüler die Texte und die Übersetzungsblätter in Punktschrift geschrieben, in Sammelmappen zusammen mit den originalen Lied- und Übersetzungsblättern der Klingenden Brücke (für die Eltern, Erzieher in den Internaten und die Klassenlehrer/innen) abgeheftet. Außerdem hatten wir eine Kassette erstellt, die sie - vervielfältigt - am Ende der Projektwoche mitnahmen.
Auf der Klassenfahrt, an der ich leider nicht teilnahm, soll nach Aussagen der Klassenlehrer/innen auch noch voll Inbrunst weitergesungen worden sein. Es waren mehrere Klassen in ein Haus gefahren, so dass sich einige Projektwochenteilnehmer meiner Projektgruppe wieder dort zusammengefunden hatten.



Gerlinde Krüger-Dohm



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